Nostalgie-Marketing: Das Spiel mit dem guten Gefühl

Wer kennt ihn nicht, den Werbespot der Klitschko-Brüder für Ferrero Milchschnitte? Darin erzählt Wladimir seinem Bruder Vitali von den ‚guten alten Zeiten‘. Wladimirs Rückschau endet mit der Erkenntnis: „Die waren grauenhaft.“ Was sich am Milchschnitte-Spot als Beispiel für gelungenes Nostalgie-Marketing beobachten lässt, ist ein Spiel mit Nostalgie, das zunächst nach konventionellen Mustern verfährt. Die abschließende Entzauberung der Erinnerung erweist sich schließlich als kluge Pointe des Spots, die aussagt, das sich vielleicht doch nicht alles zum Schlechteren gewendet hat – das beste Beispiel: die Milchschnitte von Ferrero.

Mit Nostalgie-Marketing die Kundenbindung festigen

Doch was ist eigentlich Nostalgie? Laut Duden bezeichnet sie eine „von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst o.Ä. man wieder belebt.“ Nostalgie-Marketing lässt sich also als ein Spiel mit dieser diffusen Sehnsucht beschreiben, die sich sowohl auf eine selbst erlebte als auch kollektive Vergangenheit beziehen kann. Angesichts einer schon über zwei Jahre andauernden Pandemie fragen sich viele Unternehmen, wie sich die Bindung zu ihren Kund:innen weiterhin aufrechterhalten lässt. Eine Möglichkeit ist es, an die gute alte Zeit zu erinnern. Nostalgie bietet die Chance, gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen, über die sich eine persönliche Beziehung herstellt. Geteilte Erinnerungen auf Social-Media-Plattformen laden zur Identifikation ein und ermöglichen Kund:innen das kurzweilige Gefühl, sich als Teil einer Gemeinschaft zu wähnen. Gerade in einer Phase, die viele als turbulent und unsicher erleben, ruft das Rückversetzen in vermeintlich unbeschwerte Zeiten Gefühle hervor, die auch auf das beworbene Produkt positiv ausstrahlen.

Social Media als Erinnerungs-Archiv

Netflix-Serien wie Stranger Things oder Babylon Berlin sind einschlägige Beispiele für das ertragreiche Spiel mit der Nostalgie. Besonders in den sozialen Netzwerken findet sich ein breites Spektrum an nostalgischen Erinnerungen, das vom Windows95-Startbildschirm, über die Telefonzelle bis zum wiederentdeckten Walkman reicht. Der Hashtag #tbt (throwbackthursday) auf Instagram bietet ein riesiges Archiv, welches Unternehmen als Inspirationsquelle dienen kann. Auch die eigene Unternehmens-Geschichte eignet sich für das Nostalgie-Marketing, indem Bilder, Spots oder Slogans der Vergangenheit für die Gegenwart interessant gemacht werden. Hier bieten sich reichlich Anknüpfungspunkte, um subtil auf die eigene Relevanz und Beständigkeit hinzuweisen.

Tchibo – Danke für 70 Jahre Treue

Ein hervorragendes Beispiel für diese Art der Kundenbindung liefert Tchibo. Anlässlich des 70-jährigen Bestehens publizierte das Unternehmen einen Werbespot, in welchem der Genuss von Tchibo-Kaffee Erinnerungen an einen schönen Moment oder an ein historisches Ereignis weckt. Der Spot endet mit einem Slogan, der die Tchibo-Kunden mit den Worten „Eure Geschichten sind unsere Geschichten“ auf emotionaler Ebene anspricht. Zugleich unterstreicht die Aussage eine persönliche Bindung zwischen Unternehmen und Endkonsument:innen, indem auf denselben Erfahrungshorizont sowie den bereits gemeinsam zurückgelegten Weg hingewiesen wird.

Coca-Cola: Zeitlosigkeit als Identität

Während Tchibo eine Geschichte erzählt und auf diese Weise nostalgische Gefühle weckt, setzt Coca-Cola seit jeher auf ein zeitloses Design, das sich unter anderem im gleichbleibenden Schriftzug des Logos widerspiegelt. Auch andere Elemente wie der Coca-Cola-Weihnachtsmann oder die dynamische Form der Glasflasche, die erst kürzlich ein Revival erlebte, sind fester Bestandteil der Marken-Identität von Coca-Cola.  

Fazit

Nostalgie ist nichts Neues, trotzdem erweist sich das Werben mit ihr als eine wirkungsvolle Marketing-Strategie, die auch im Social-Media-Marketing an Relevanz gewinnt. Wichtig dabei ist es, eine gute Balance zwischen Altem und Neuem zu finden, damit die Darstellung des Produkts oder des eigenen Unternehmens nicht bieder und konservativ erscheint. Gelungenes Nostalgie-Marketing überzeugt mit Bezügen die einen Mehrwert bereithalten, im besten Falle eine Geschichte erzählen und vor allem vom Kundenstamm verstanden werden.